Wanderung durch Raum und Zeit

Geschichte und Evolution unserer Erde

Audioguide

0:00

Wanderung durch Raum und Zeit

Wanderung durch Raum und Zeit

Im Laufe von Millionen von Jahren verschob sich das Vorläufergebiet des heutigen Kärntens von einer Position nahe dem Südpol allmählich bis zur heutigen Stelle auf der Erdkugel. Diese „Wanderung“ ging mit mehrfachem Wechsel der klimatischen und geologischen Verhältnisse einher und bewirkte, dass die Region häufig unterhalb des Meeresspiegels lag. Geowissenschaftliche Methoden geben Aufschluss über Klima, Geographie und Umweltbedingungen in weit zurückliegenden Zeitaltern, Versteinerungen von Tieren und Pflanzen erlauben spannende Einblicke in die Geschichte und Evolution unserer Erde. Erst sehr spät trat auch der Mensch in Erscheinung, damals noch ganz Teil des natürlichen Lebenskreislaufes und als solcher abhängig vom Klima und den Wanderbewegungen seiner Beutetiere.

Kärnten am Südpol

Vor 500 Millionen Jahren, im frühen Erdaltertum, lag das heutige Kärnten nahe dem Südpol und unter dem Meeresspiegel. Etwa 150 Millionen Jahre lang herrschte auf der ganzen Erde ein ausgesprochenes Warmklima mit global deutlich höheren Temperaturen als heute, das nur einmal, für etwa 30 Millionen Jahre, durch ein Eiszeitalter unterbrochen wurde. In den Kalksteinen Kärntens aus diesem Zeitabschnitt findet man Versteinerungen verschiedener Meeresbewohner, darunter auch Korallen, die typisch für flache und warme Meere sind.

Frühe Meeresräuber

Längliche Versteinerungen zeugen von frühen Meeresbewohnern, die mit den heutigen Tintenfischen und Kraken verwandt waren, anders als diese jedoch in einem Außengehäuse aus Kalk lebten. Diese „Orthoceren“ oder „Geradhörner“ konnten bis zu 8 m lang werden und waren somit die größten Räuber ihrer Zeit.

Woher weiß man … wie alt Versteinerungen sind?

Eine ungestörte Abfolge der Gesteinsschichten übereinander ermöglicht es Forscherinnen und Forschern, das Alter von Versteinerungen zu bestimmen („Biostratigraphie“). Grundsätzlich gilt: je tiefer desto älter. Durch radioaktive Stoffe im Gestein lassen sich genauere Altersangaben machen. Hier gilt: je älter desto ungenauer.

Kärnten taucht auf

Gegen Ende des Erdaltertums vor rund 300 Millionen Jahren bildete sich der Superkontinent Pangäa, das Vorläufergebiet der heutigen Alpen lag an seiner östlichen Küste in Äquatornähe. Nach einer langen Phase des Warmklimas begann nun eine kältere Periode mit zeitweise großen Vereisungszonen, die jedoch die Äquatorbereiche nicht betraf. In Kärnten findet man sowohl Versteinerungen einer vielfältigen Pflanzenwelt aus warm-nassen wie auch trockenen Standorten und die ältesten Spuren von Landwirbeltieren (frühe Saurier) aus Österreich, die eine trocken-warme Region mit saisonalem Regen repräsentieren.

Baumriesen

Im heutigen Kärnten wuchsen vor rund 330 Millionen Jahren (Karbonzeitalter) riesige Schachtelhalme sowie Siegel- und Schuppenbäume. Meistens findet man Überreste der Blätter dieser Riesen, nur selten erhalten sich große Stammabdrücke wie etwa im Gailtal.

Woher kennt man ... die geographische Position eines Gebietes in der Vergangenheit?

Anhand bestimmter Ablagerungsgesteine kann man auf die Klimazone während ihrer Bildung schließen. Rote Sandsteine etwa sprechen für eine trockene, wüstenhafte Umgebung mit saisonalem Regen, die man z. B. in Äquatornähe findet. Im heutigen Gailtal hinterließen vor 290 Millionen Jahren zwei verschiedene frühe Saurier ihre Fußspuren hintereinander im roten Sand einer austrocknenden, weiten Flusslandschaft. Magnetische Bestandteile wie Eisen richten sich bei der Entstehung von Gesteinen nach dem Erdmagnetfeld aus. Daraus lassen sich heute ebenfalls Hinweise auf ihre ehemalige geographische Position herleiten.

Erneut versunken

Vor rund 220 Millionen Jahren begann der Superkontinent Pangäa wieder zu zerbrechen und die Vorläufergebiete der Alpen versanken in einem tropischen Flachmeer nördlich des Äquators. Es herrschte wieder ein Warmklima ohne Eisschilde in den Polarregionen, das für mehr als 200 Millionen Jahre anhielt. Spiralförmig aufgerollte Weichtiere, die Ammoniten, erlebten ihre Blüte und sind das Wahrzeichen des Erdmittelalters.

Giganten des Meeres

Im tropischen Flachmeer lebten kleine und große Schwimmsaurier, darunter Shastasaurus carinthiacus, der mehrere Meter Länge erreichen konnte. Nur einige Rippen und Wirbel sind von ihm als Versteinerungen erhalten geblieben, gewähren jedoch trotzdem einen einzigartigen Einblick in die Lebewelt der Trias.

Woher weiß man … wie ausgestorbene Tiere ausgesehen und gelebt haben?

Aufgrund des Körperbaus und dem Gestein, in das sie eingebettet sind, kann man die Lebensweise und den Lebensraum ausgestorbener Tiere nachvollziehen. Die kleine Flossenechse Neusticosaurus war als räuberische Fischjägerin eine geschickte Schwimmerin. Dafür entwickelte sie große Augen sowie ein Gebiss mit spitzen, ein wenig nach außen gekrümmten Zähnen, um ihre Beute zu packen. Ihre Versteinerungen fand man in Kalksteinen, einem chemischen Sediment, das vor allem in warmen flachen Lagunen und flachen Meeresbereichen entsteht. Auch die fossilen Überreste von Fischen sind in diesen Kalksteinen gelegentlich zu finden.

Zeitlücke

Die heutigen Alpen sind unübersehbar, in ihrem Entstehen gingen jedoch die Gesteine des Jura und der Kreidezeit und somit um die 135 Millionen Jahre Erdgeschichte in Kärnten fast vollständig verloren. Nur an sehr wenigen Orten in Kärnten findet man Versteinerungen dieser Zeit.

Zu Wasser und zu Lande

In der Erdneuzeit, die vor rund 65 Millionen Jahren begann, befand sich Kärnten fast schon an seiner heutigen Position auf der Erdkugel und war größtenteils festländisch. Es wurde aber noch zweimal vom Meer überflutet wie Versteinerungen von Meeresbewohnern wie Schnecken, Muscheln, Seeigeln oder Korallen bezeugen. Als das Meer sich endgültig zurückzog, dehnten sich in einer küstennahen Region Sumpfwälder und Buschmoore aus. Hier lebten frühe Vertreter von Elefanten, Nashörnern, Affen und andere tropische Tiere, denn es war wesentlich wärmer als heute.

Urelefanten im Lavanttal

Der Urelefant Gomphotherium wanderte vor etwa 18 Mio. Jahren aus Afrika nach Europa ein. Neben charakteristischen Backenzähnen mit Höckern hatten diese sanften Riesen jeweils zwei Paar Stoßzähne im Ober- und im Unterkiefer. Damit unterschieden sie sich stark von den heutigen Elefanten.

Woher weiß man … wie die Umwelt aussah und wie kalt oder warm es gerade war?

Bestimmte Gesteine und Versteinerungen von Pflanzen und Tieren können die klimatischen Verhältnisse früherer Zeiten bezeugen. Affen, Nashörner und Elefanten leben und lebten in warmen Gebieten und auch die Form der Blätter ist in den Tropen anders als in kälteren Regionen. Moore benötigen zur Entstehung feucht-nasse Klimabedingungen. Unter Abschluss von Luft bildete sich hier Torf, aus dem später Braunkohle und Steinkohle wurden. Der Kärntner Waldaffe Dryopithecus carinthiacus lebte vor 12,5 Millionen Jahren in einem solchen moorigen Sumpfwald im heutigen Lavanttal. Als „erster Österreicher“ hatte er ähnliche Probleme wie die heutigen Menschen: Seine Vorliebe für süße Früchte bescherte dem Tier ein großes Loch im Backenzahn.

Kalte Zeiten

In der Erdneuzeit begann das Klima langsam kühler zu werden. Aktuell befinden wir uns in einer wärmeren Phase des jetzigen Eiszeitalters, das vor rund 2,7 Millionen Jahren mit der Vergletscherung beider Polargebiete begonnen hat und in deren Verlauf die Alpen bereits viermal fast gänzlich von Gletschern bedeckt waren. So erstreckte sich etwa der Draugletscher einmal vom Großglockner bis nach Griffen und das Klagenfurter Becken lag unter einer mehr als 600 m dicken Eisschicht. Trotz der Kälte bewohnten eine Vielzahl angepasster Tiere die trockenen Kältesteppen, die den Gletschern vorgelagert waren.

Eiszeitbewohner

Das Wollhaar-Mammut ist ein entfernter Verwandter des heutigen Elefanten und entwickelte sich während der letzten Eiszeit vor rund 750.000 Jahren. Die pflanzlichen Vielfresser (täglich bis zu 250 kg Gras) fungierten auch als „Landschaftsgestalter“, indem sie die Vegetation der Kältesteppen regulierten. Ihre Knochen und Zähne sind nicht nur sehr groß, sondern auch sehr haltbar und werden daher immer wieder gefunden.

Woher weiß man … welche Gebiete in der Eiszeit vom Gletscher bedeckt waren?

Die gewaltige Kraft der Gletscher hat zahlreiche Spuren im Untergrund hinterlassen, aber nur dort, wo es kein Eis gab, findet man die Überreste von Eiszeitbewohnern wie Mammuts oder Wollhaarnashörnern. Die eiszeitlichen Höhlenbären, die deutlich größer als die heutigen Braunbären waren, suchten im Winter in den eisfreien Gebieten Unterschlupf in Höhlen, wo ihre Knochen durch die Jahrtausende erhalten blieben. Auch die winzigen Knochen ungeborener Jungtiere, die mit ihren Müttern in der Höhle verstarben, finden sich hier gelegentlich.

Neandertaler in Griffen

Die ältesten bisher bekannten Siedlungsspuren des Menschen im heutigen Kärntner Raum sind rund 40.000 Jahre alt und stammen von Neandertalern der Altsteinzeit. Kleine Gruppen von Jägern und Sammlern stießen damals gelegentlich bis in die Randbereiche der Alpen vor. Ein kleines Höhlensystem im Südostteil des Griffener Schlossberges lud diese Menschen wiederholt zum Lagern ein. In der Vorhöhle stieß man auf Reste von Feuerstellen, einfache Steinwerkzeuge und Knochen von Beutetieren wie Wisent, Steppenbison, Rentier, Hirsch und Pferd.

Karawankenbewohner

In der Potočnik-Höhle in den östlichen Karawanken fanden Steinzeitjäger einen geschützten Lagerplatz auf 1.700 m Seehöhe. Als Besonderheit gelten die weit über hundert Pfeil- oder Speerspitzen aus Knochen, die typisch für die Zeit um 35–30.000 v. Chr. sind. Die aus Stein gefertigten Werkzeuge – besonders Schaber, Kratzer und Messer – dienten zum Zerteilen von Fleisch und zur Fellbearbeitung. Bruchstücke von Ocker weisen auf Körperbemalung hin. Unabhängig von der Nutzung durch den Menschen überwinterten hier auch Höhlenbären, die allerdings nur vereinzelt bejagt und erlegt wurden.

Griffener Steinzeitjäger

In der Griffener Tropfsteinhöhle kamen auch Spuren eines jüngeren steinzeitlichen Lagerplatzes aus der Zeit um 10.000 vor Chr. ans Licht. Vom Eispanzer befreit waren die Alpen damals Lebensraum für Wildtiere und den diesen folgenden Menschen. Die Werkzeuge zum Schneiden, Schaben und Bohren sowie die Waffen bestehen zum überwiegenden Teil aus braunem Chalzedon. Einzelne Abschläge aus Bergkristall stammen wahrscheinlich von der Sau- oder Koralm. Außerdem ist Hornstein als Rohmaterial belegt. Knochen von Steinböcken und Rentieren bezeugen die damaligen Beutetiere.

Überleben im Hochgebirge

Im Bereich der Waidegger Höhe im Gailtal fand man in rund 1.850 m Seehöhe Spuren steinzeitlicher Jäger (ca. 7.000–4.500 v. Chr.). Diese legten ihre sommerlichen Lagerplätze im Gebirge im Bereich von Übergängen, an Seen oder Bächen sowie im Schutze überhängender Felswände oder großer Felsblöcke an. Neben Bergkristall verwendete man Hornstein und Feuerstein (Silex) für die Herstellung der Klingen von Waffen und Werkzeug wie dem Schaber von der Waidegger Alm, der zum Bearbeiten der Felle von Beutetieren, etwa von Steinböcken, Gämsen und Murmeltieren, diente.

logo kärnten.museum