(R)evolutionen: von der Stein- zur Eisenzeit

Von der Jungsteinzeit bis zum Ende der frühen Eisenzeit

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(R)evolutionen: von der Stein- zur Eisenzeit

(R)evolutionen: von der Stein- zur Eisenzeit

In einem mehr als 2600 Jahre alten Grabhügel in Frög bei Rosegg fand man die aus Blei gefertigte Nachbildung eines prunkvollen Wagens, wie er damals nur Angehörigen der Oberschicht zustand. Zu jener Zeit war der Mensch längst sesshaft geworden, hatte Ackerbau und Viehzucht erlernt – eine geradezu bahnbrechende Weiterentwicklung des Lebens der früheren Jäger und Sammler. Bergbau und Handel wurden im Laufe der Zeit zur Grundlage des Reichtums einer überregional vernetzten Oberschicht. Figürliche Darstellungen und erste Schriftzeichen sind unmittelbare Zeugnisse des religiösen und gesellschaftlichen Lebens.

Landstraßen der Bronzezeit

Während des Zweiten Weltkriegs fand man im Sattnitzmoor bei Klagenfurt zwei Einbäume, die im 2. Jahrtausend v. Chr. mit Hilfe einer Bronzeaxt hergestellt worden waren. Aufgrund ihres geringen Tiefgangs eignen sich solche Boote auch zum Befahren von Bächen und flachen Seeufern. Sie finden sich weltweit und stehen technisch gesehen am Beginn des Baus hölzerner Boote. In Mitteleuropa verwendete man Einbäume vornehmlich zum Fischen und zur Jagd auf Tiere im Uferbereich von Seen und Flüssen. Sie dienten aber auch zum Transport von Personen und Waren auf dem Wasserweg, den „Landstraßen“ der Bronzezeit.

Letze Reise

Im Gräberfeld von Frög bei Rosegg stieß man in einem Grab der Zeit um 600 v. Chr. auf einen Miniaturwagen aus Blei, der den vierrädrigen Prunkwagen der Hallstattkultur ähnelt. Da es damals noch kein ausgebautes Straßennetz gab, dienten diese wohl nur für repräsentative Auffahrten der Oberschicht. Gleichzeitig gab es in ganz Mitteleuropa damals den Brauch, hochrangigen Männern und Frauen Prunkwagen mit ins Grab zu geben, um ihnen die Fahrt ins Jenseits zu ermöglichen. Der Miniaturwagen könnte aber auch Teil der Darstellung einer sakralen Prozession gewesen sein, allerdings fehlen im Fröger Grabhügel Figuren, die eine solche Deutung belegen würden.

Leben am Wasser

Inmitten des Keutschacher Sees wurden historisch überaus wertvolle Reste einer uralten Pfahlbausiedlung gefunden. Verziertes Tischgeschirr gehört zu einer Kultur, die sich um 4350 v. Chr. zwischen Donau und Save gebildet und auch den Südostalpenraum erfasst hatte. Die Siedler am Keutschacher See waren Bauern, betrieben Gartenbau und mahlten Getreide. Aus Weizen stellte man Brot her, aus Gerste wurden Brei und Eintopfgerichte zubereitet. Fleisch wilder Tiere und von Haustieren wie Rindern und Schweinen bereicherten den Speiseplan. Spinnutensilien wie Wirtel bezeugen die Herstellung kleiner Gewebe aus pflanzlichen Fasern, die Kleider bestanden allerdings weiterhin aus Leder und Fellen.

Kostbare Barren

Vor 4000 Jahren wurden Kupfer und Bronze in Form von Barren in Umlauf gebracht oder gehortet. Im südalpinen Raum hatten diese Barren bis zur mittleren Bronzezeit die Form von Axtklingen, im nordalpinen Raum dagegen die Form von Ösenhalsringen oder Spangen. Die wertvollen Metalle wurden vereinzelt in größerer Menge vergraben und mit einer Steinplatte bedeckt: wohl ein Geschenk an die Götter, um deren Wohlwollen zu erwirken. Schmiedewerkzeug wie Hammer, Meißel, Feile und Raspel, sowie eine Reihe kleiner Barren unterschiedlicher Form aus Eisen stammen aus der bedeutenden keltischen Höhensiedlung auf der Gracarca am Südufer des Klopeiner Sees.

Kleider machen Leute

Nadeln und Spangen (Fibeln), die Männer und Frauen zum Zusammenhalten der Kleidung oder zur Zier im Schulterbereich trugen, wurden in der Regel aus Bronze und Eisen gefertigt. Die Ausformung und Verzierung dieser Trachtbestandteile verraten, wann und wo sie hergestellt wurden und welchem überregionalen Modetrend man gerade folgte. Krieger bekamen Waffen wie Streitäxte und Speere mit ins Grab, Trensen samt Zaumzeug lassen vereinzelt berittene Kämpfer („Ritter“) erkennen. Frauen und Mädchen trugen noch im Grab allerlei Ringschmuck sowie Halsketten aus Glas- und Bernsteinperlen. Verzierte Bleche schmückten den Brustbereich. Spinnen und Weben waren eine weibliche Domäne, weshalb vermögendere Frauen Webstühle mit ins Grab bekamen.

Tischkultur und Speiseplan

In manchen reich ausgestatteten Gräbern des Ostalpenraums wurden Hunderte kostbare Gefäße und Geräte aus Bronze gefunden, manchmal auch besonders teure Importstücke aus dem Mittelmeerraum. Mit großen Tassen oder langstieligen Kellen wurden Getränke wie Wein, Met oder Bier aus großen Mischkesseln zum Servieren in Eimer gefüllt. Dabei benutzte man Siebe, weil damals alle alkoholischen Getränke mit Gewürzen versetzt waren und zur Konservierung Zusätze wie Harz enthielten. Fleisch von Haustieren und Wild wurde in Kesseln gekocht oder mit Hilfe von Feuerböcken und langen Bratspießen zubereitet.

Überregionaler Warenverkehr

Im Zuge regelmäßiger und intensiver Kontakte kamen fremdländische Waren wie Trachtelemente, Waffen oder kostbares Geschirr und Getränke in den Ostalpenraum. Heimische Werkstätten ahmten die begehrten Stücke nach, vielleicht zogen auch Wanderhandwerker umher und boten ihre Dienste an. Venetische Werkstätten fertigten Koch- und Speisegeschirr in höchster Qualität. Über Oberitalien gelangten zudem Modetrends sowie die Kenntnis von Bild und Schrift in den Alpenraum. Kontakte bestanden aber auch zum bayerisch-oberösterreichischen Gebiet, in geringerem Umfang zum heutigen Niederösterreich und dem Burgenland. Dort verlief eine bedeutende Nord-Südverbindungsroute, über die Bernstein vom Baltikum in das Mittelmeergebiet verhandelt wurde.

Vom Bild zur Schrift

Aus einem Prunkgrab von Waisenberg bei Völkermarkt stammt die Darstellung einer übergroßen Ente inmitten eines Hirschrudels, das von einem Löwen und einer Sphinx bedroht wird – wohl die bildliche Wiedergabe eines uralten Mythos´ um einen schützenden „Entenmann“. Ritzinschriften im Bereich der Karnischen Alpen sind die ältesten Spuren der Schrift auf Kärntner Boden. Männer mit Namen wie Gavirro, Vottos oder Barbo (der „Bärtige“) dankten vielleicht so den Göttern für eine sichere Überquerung des Gebirges. Beschriftete Weihetäfelchen von der Gurina im oberen Gailtal („Atto gab das Geschenk den Göttern zum eigenen Wohl“) sollten den erhofften göttlichen Schutz verstärken.

Fröger Figurenwelt

In den Gräbern von Frög fand man zahlreiche Figuren und Plaketten aus Blei, die Gesellschaft und Glaube der damaligen Zeit widerspiegeln. Männliche Reiter auf Hengsten mit erigiertem Penis entsprechen dabei der Selbstdarstellung einer vermögenden Elite, die Pferdezucht betrieb. Wasservögel und Speichenrad weisen auf die Symbolik der Vogel-Sonnen-Barke hin, einem europaweit geläufigen Zeichen für die lebensspendende Wirkung von Sonne und Wasser. Nackte Männer und Frauen mit erhobenen Händen, Figuren mit kleinen Eimern in den Händen oder am Kopf, Darstellungen von Pferden, vereinzelt von Reitern sowie Rindern könnten einen Fruchtbarkeitskult wiedergeben.

Himmelszelt

Schon die bronzezeitlichen Bewohner Mitteleuropas beobachteten den Sternenhimmel, um den richtigen Zeitpunkt für ihre landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu erkennen und gleichzeitig die Götter um ihr Wohlwollen zu bitten. Um das Jahr 700 v. Chr. beschrieb der griechische Dichter Hesiod die Bedeutung der Gestirne im bäuerlichen Jahreslauf so: „Gehen des Atlas Töchter am Himmel dir auf, die Pleiaden, Magst du die Ernte beginnen, die Saat, wann nieder sie sinken. Vierzig Nächte hindurch sind diese verborgen und vierzig Tage, erscheinen jedoch alsbald mit des rollenden Jahres Rücklauf wieder, sobald für die Ernte das Eisen geschärft wird.“ (Hesiod, Werke und Tage, 383–387; Üs. nach H. Gebhardt, bearbeitet von E. Gottwein)

Unterwegs und zu Hause

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