Mobiliare Lebenswelten

Von Truhen, Kästen und Hochzeitsschränken

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Volkskunde und Mobiliare Lebenswelten

Mobiliare Lebenswelten

Truhen und Kästen begleiteten früher als „Mobile“ einfache Dienstboten zu ihren wechselnden Arbeitsstätten, bargen die persönlichen Habseligkeiten, dienten aber auch dem Transport der Mitgift zukünftiger Bäuerinnen. Die Entwicklung dieser vielfach kunstvoll verzierten Möbelstücke erzählt eine ganze Kulturgeschichte, von ihrer Herstellung durch Zimmerleute und später spezialisierte Tischler in Mittelalter und Neuzeit bis hin zur industriellen Fertigung in der Gegenwart.

Vorratstruhe mit Geschichte

Die aus der Gegend von Ebene Reichenau stammende Dachtruhe des 14. Jhs. diente bis zu ihrer Verbringung ins Kärnten Museum zur Aufbewahrung von Korn oder Mehl. Der Abstand von 26 cm zwischen Truhenboden und Untergrund schützte den Inhalt vor Nässe und Nagetieren. Die Truhe wurde von Zimmerleuten mit einfachen Werkzeugen zum überwiegenden Teil aus Fichtenholz gefertigt und verfügt auch über ein Riegelschloss aus Holz und Eisen.

Fromme Apostel

Diese sogenannte „Aposteltruhe“ der zweiten Hälfte des 17. Jhs. aus dem Görtschitztal ist mit zwölf Arkadenbögen in zwei Kassettenfeldern verziert. An der Innenseite des Deckels sind noch Teile von Heiligenbildern und Andachtsbildchen erhalten, die der fromme Besitzer zur religiösen Erbauung nutzte.

Rosentaler Marientruhe

Diese aus dem Rosental stammende Truhe des 19. Jhs. zeigt in drei Bildfeldern in der Mitte Maria vom Berge Karmel mit ihren Attributen und zu beiden Seiten jeweils einen Biedermeierstrauß. Eine kleine Kassette und ein Holzboard im Truheninneren dienten der Aufbewahrung kostbarer Kleingegenstände.

Mölltaler Hochzeitsschrank

Die Türen dieses durch Inschrift auf das Jahr 1846 datierte Hochzeitsschranks aus dem Mölltal sind in insgesamt sechs Bildfelder gegliedert und zeigen eine Schäferszene und eine Christusdarstellung, die heilige Anna und den heiligen Antonius von Padua mit dem Jesuskind sowie biedermeierliche Blumensträuße.

Zimmermannskunst

Das Handwerk des Zimmermanns hat lange Tradition und erlebte eine Blütezeit mit der Bildung der Zünfte im Mittelalter. Mit Äxten, Beilen, Zugsägen, Winkellot und Löffelbohrer fertigten sie neben Blockbauten und Dachstühlen auch einfaches Mobiliar. Dabei wurden Holzdübel als Verbindungselemente und zur Stärkung des Holzgefüges in die mittels Löffelbohrer angebrachten Löcher eingefügt.

Spezialisten am Werk

Das Aufblühen des Städtewesens und das Aufkommen von Sägemühlen zur Herstellung von Schnittholz führten im 15. Jh. zur Entstehung des spezialisierten Tischlerberufs. Anders als die Zimmerleute verwendeten die Tischler Leim, neuartige technische Hilfsmittel und spezielle Werkzeuge wie Hobel, Profilhobel, Winkel, Streichmaß, unterschiedliche Sägen, Zirkel und Zwingen. Der Streit zwischen den Zünften der Zimmerleute und Tischler dauerte aufgrund der anfangs nicht klar abgegrenzten Tätigkeitsfelder bis ins 18. Jh.

Heilige Bauersleute

Meist waren es professionelle Kirchenmaler, die für die künstlerische Ausgestaltung von Braut- und Hochzeitskästen/-truhen wie auch die Bemalung von häuslichem Inventar sorgten. Die ausgestellten Objekte sind von hoher Qualität und mit MAP signiert. Dargestellt sind bedeutende Bauernheilige: Für den heiligen Isidor von Madrid verrichtete angeblich ein Engel die schwere Arbeit mit dem Pflug, während er zu Gott betete. Die heilige Notburga von Rattenberg ist mit einer über ihrem Kopf schwebenden Sichel dargestellt, während sie selbst das abendliche Gebet verrichtet.

Der Bauerndoktor „Graf Michl“

Dieses eintürige, bemalte Hängekästchen aus Zirbenholz war einst im Besitz von Michael Pertl (1844–1904), Knecht am Hof vulgo „Grafen“ in Vorderkoflach bei Ebene Reichenau und daher „Graf Michl“ genannt. Dass er mit einer sogenannten „Glückshaube“ (= Embryonalhaut) zur Welt kam, verhieß in den Augen seiner Mitmenschen Besonderes. Außergewöhnliches Interesse an Medizin verbunden mit einer asketischen Lebensweise machten ihn später zum Bauerndoktor. Sein Wissen um Zauber- und Heilpflanzen, Beschwörungsformeln und Rezepturen aller Art hielt er in einer Art Geheimschrift fest, die nur er lesen konnte. Zahlreiche Legenden und Anekdoten berichten, wie „Graf Michl“ in Not geratenen Mitmenschen ohne Bezahlung half.

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