Bauinschrift, Töltschach/Maria Saal

Bauinschrift, Töltschach/Maria Saal

Objekttyp: Bauinschrift
Fundort: Töltschach/Maria Saal
Inventarnummer: 217
Maße (Länge / Höhe / Tiefe / etc.): 57 cm / 58 cm / 12 cm
Material: Marmor aus Kraig

Beschreibung

Durch das schlechte Steinmaterial bedingt, hat das Inschriftfeld seit der Auffindung der Bauinschrift etwas gelitten, sodass vom damals noch besser erhaltenen Text derzeit weniger lesbar ist. Um auf dem relativ kleinen Titulus den doch ziemlich umfangreichen Text unterbringen zu können, bediente sich der antike Steinmetz bei einzelnen Buchstaben der „Ligatur“, d. h., er verband zwei Buchstaben zu einem; ein nicht ungewöhnlicher Vorgang, welcher auch bei mehreren Lettern möglich ist.
Die Bauurkunde gilt der Einweihung eines Mithras-Tempels in Virunum nach dessen Renovierung am 24. Juni 239 n. Chr. Seit der Auffindung der im Virunum-Raum sichtbaren bronzenen Mithrasinschrift im Jahre 1992 kann man für die Stadt Virunum ab dem Jahre 202 n. Chr. die Existenz von zwei Mithras-Tempeln samt den zugehörigen Kultgemeinschaften nachweisen. Von der vorgenannten Renovierung war aller Wahrscheinlichkeit nach das ältere der beiden Heiligtümer betroffen, welches bereits um die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. errichtet worden war und das schon einmal – im Jahre 183 n. Chr., nach einem Naturereignis – eine Renovierung erfahren hatte. Dies vorausgesetzt, gehörten die Sol-Helios-Büste ‒ das Bruchstück eines Reliefs mit der Szene der Stiertötung durch Mithras (siehe Lapidariumswände Inv. Nr. 19 a) ‒ und zwei Pilaster mit Reliefszenen aus der Mithraslegende (siehe Lapidariumswände Inv. Nr. 19 b u. 19 c.) zum zentralen Kultbild dieses Mithras-Tempels, der, wie beide Quellen ausführen, innen mit Wandmalerei geschmückt war.
Der Tag der Einweihung des restaurierten Tempels, der 24. Juni des Jahres 239 n. Chr., ist wohl kein Zufall, ist er doch auf den Zeitpunkt der Sommersonnenwende anberaumt worden, der im Mithraskult eine besondere Bedeutung zukam. Das Jahr selbst ist, der römischen Zeitrechnung entsprechend, durch die Angabe der im damaligen Jahr amtierenden Oberbeamten, der ordentlichen Konsuln (consules ordinarii), Kaiser Gordian III. (238‒244 n. Chr.) und M. Acilius Aviola überliefert. Dem Wohlergehen des genannten Kaisers und zu Ehren des Kaiserhauses ist die Inschrift gleichfalls gewidmet, wobei die Formulierungen domus divina und dominus noster in Zusammenhang mit Kaiserinschriften für das 3. Jh. typisch sind.
Hilarius und Epictetus sind zwei Beamte in der Kanzlei (officium) des Finanzprokurators der Provinz Noricum gewesen, der in Virunum residierte und für das Steueraufkommen der Provinz verantwortlich war; oder, wenn man P. R. N. mit p(atrimonii) R(egni) N(orici) auflösen will, waren es Beamte jener Kanzlei, welche für die Einkünfte des kaiserlichen Privatvermögens zuständig gewesen ist. In beiden Fällen jedoch weist die Formulierung Regnum Noricum darauf hin, dass die Erinnerung an das Königreich der Noriker, den einheimisch-keltischen Vorgänger auf dem Gebiet der nachmaligen römischen Provinz Noricum, auch im 3. Jh. n. Chr. noch nicht verblasst war. War Hilarius bereits Freigelassener (libertus), so gehörte Epictetus noch dem Sklavenstande (servus) an, was in beiden Fällen nicht hinderte, doch einiges Privatvermögen anzusammeln, welches es ihnen ermöglicht hat, die Erneuerung des Tempels auf ihre Kosten durchführen zu lassen. Sie führen bei Sklaven oft gewählte griechische Namen (der Fröhliche bzw. der Hinzugewonnene) und passen mit ihrem sozialen Status gut in den Kreis der Angehörigen des Mithraskultes. Letztere Eigenschaft könnte theoretisch ebenso auf einen Sohn des Hilarius zugetroffen haben, wenn sich hinter (H)ilarinus (H)ilari [f(ilius)], dem Stifter eines Mithrasaltärchens aus Waggendorf im Glantal, auch tatsächlich derselbe verbergen würde.

Inschrift

Pro salute Aug(usti) / in honorem d(omus) d(ivinae) Soli / invicto Mythr(ae!) Hilarus / Aug(usti) lib(ertus) tab(ularius) p(rocuratoris) R(egni) N(orici) et Epictetus / ark(arius) Aug(usti) n(ostri) tem(plum) vetustate conl(ap)s(um) / sumptu suo cum pictura refe[c(erunt)] / imp(eratore) d(omino) n(ostro) Gordiano Aug(usto) et Aviola c[o(n)s(ulibus)] / sacerdot(e) Licin(io) Marcello pat[re] / d(edicatum) VIII K(alendas) Iulias Q(uinto) Vi[-- cur(atore)?]

Übersetzung

Für das Wohlergehen des Kaisers (und) zu Ehren des göttlichen Kaiserhauses haben dem unbesiegten Sonnengott Mithras Hilarus, Freigelassener des Kaisers und Amtsschreiber des Finanzprokurators von Noricum, und Epictetus, Amtskassier (und Sklave) unseres Kaisers, den durch Alter baufälligen Tempel samt der Ausmalung auf eigene Kosten wiederhergestellt; (im Jahre als) unser Herr und Kaiser Gordianus und Aviola Konsuln sowie der Priester Licinius Marcellus pater waren. Die Einweihung fand am 24. Juni statt, Q. Vi[- - hat die Bauaufsicht besorgt? ]. 

Datierung

239 n. Chr.

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