Erdbeben in der alten Zeit
Archäologische versus lakustrine Erdbebenevidenz
Die geologische und seismologische Analyse von Bohrkernen aus dem Wörthersee (Institut für Geologie, Universität Innsbruck) erbrachte Nachweise zu drei Erdbebenereignissen, die sich während der römischen Epoche Kärntens (etwa 50 v.–600 n. Chr.) ereigneten. Die Ergebnisse wurden Anfang des Jahres 2023 breitenwirksam mit der Schlagzeile „Risiko für schweres Beben liegt bei fünf bis sechs Prozent“ (Kleine Zeitung am 14.01.2023, p. 25) veröffentlicht.
Diese Beben ließen sich mit der naturwissenschaftlichen Methode der Radiokarbondatierung zeitlich nur sehr grob einordnen. Ferner charakterisieren die aus den Bohrkernen ermittelten Amplituden V-VI (nach der Europäischen makroseismischen Intensitätsskala EMS-98) seismische Ereignisse, die nur zu leichten Bauschäden (Risse und Abfallen kleiner Putzteile, insbesondere bei Altbauten) führten.
Die archäologisch-bauhistorische Landesforschung in der Stadt auf dem Magdalensberg und in Virunum ist in der Lage, diese Beben zeitlich zu präzisieren, aber auch Widersprüche hinsichtlich ihrer Intensität aufzuzeigen.
In der Zusammenschau von antiken literarischen und inschriftlichen Quellen mit dem archäologischen Ausgrabungsbefund in norischen Städten erkannte man Auswirkungen von Naturereignissen, die nur als Folgen flächenwirksamer Erdbeben von sicher bauschädigender Einwirkung sinnvoll zu erklären sind. Diese ereigneten sich in den Jahren 9/10, 183/184 und 236/237 n. Chr. Dadurch wurden nicht nur einzelne Gebäude zerstört, sondern es wurden in der Folge auch ganze Stadtbereiche urbanistisch neugestaltet oder verlassen.
Der Diskussion und Abklärung dieser auch hinsichtlich der Erdbeben-Risikoeinschätzung für den Alpen-Adria-Raum brisanten Forschungsfragen dient ein internationales Symposion, das am 24. November dieses Jahres im kärnten.museum abgehalten werden wird.