ISCHIA. ITALIA

ISCHIA. ITALIA

"Einmal muß das Fest ja kommen!"
Ingeborg Bachmann: Aus dem Gedicht Lieder von einer Insel. 1954 

Ingeborg Bachmann entdeckt Ischia im Spätsommer 1953. Der Komponist Hans Werner Henze hat sie auf die vom Massentourismus noch unberührte Insel eingeladen. Sie wohnt in Forio in einem Bauernhaus ohne Strom.

Aus ihren Liedern von einer Insel spricht der starke Eindruck, den sowohl die Einfachheit der Inselbewohner, als auch die Festkultur, wie zum Beispiel das Volksfest für den heiligen Vitus, auf sie machen.

Der Vers „Einmal muß das Fest ja kommen!“ wird zu ihrem utopischen Lebensmotto. Die Gedichte feiern eine Welt der Sinnlichkeit und der starken Leidenschaften, in der das wilde, noch nicht zivilisierte Italien zum Ausdruck kommt. In Bachmanns Süden ist die Kraft des Eros so gewaltig wie die Lava des Vulkans, die Erde wird vom Erdbeben erschüttert, das Ich von Viper und Tarantel angegriffen (Das erstgeborene Land; In Apulien).

In Forio bewegt sich Bachmann im Kreis einer internationalen Künstlerkolonie, der neben Henze Wystan Hugh Auden, Chester Kallman, Nicolas Nabokov angehören. Treffpunkt ist die „Bar internazionale“, oberhalb von Forio besitzt der Regisseur Luchino Visconti eine Villa. Seine Inszenierung der Traviata an der Mailänder Scala 1956 mit Maria Callas wird für Bachmann zu einem tiefgreifenden Erlebnis.

Bei aller Faszination für die Insel begreift sie aber auch die Gefahr der Isolation, die sie im selbstverliebten Gesang der Zikaden im Hörspiel (Die Zikaden, 1955) allegorisiert. In einem lyrischen Rückblick hat sie Ischia zu einem magischen Ort verklärt: „das betrunkene Herz hing über der Mauer, waghalsig und so tapfer und zu keiner Anerkennung bereit.“ Ihre Bilanz: „o ja, es war die schönste Zeit, sie hat Nähe vertragen.“

Im Hörspiel Die Zikaden (1955) sucht eine Gruppe von Menschen Zuflucht auf einer Insel. Die titelgebenden Zikaden waren einmal Menschen, die aufgehört haben „zu essen, zu trinken und zu lieben, um immerfort singen zu können“. Seit ihrer „Flucht in den Gesang“ sind sie dazu verdammt mit unmenschlicher Stimme zu singen.

Die Musik zu diesem Hörspiel über Weltflucht und scheiternde Inselutopien komponierte Hans Werner Henze (1926–2012).



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