KLAGENFURT | 1924 – 1945

Klagenfurt vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg

1926

Mitte der 20er Jahre waren Österreich und somit auch Kärnten mit seiner Landeshauptstadt von einer schweren ökonomischen Krise, gepaart mit sozialen Problemen, erfasst. Not und Elend bestimmten den Lebensalltag. Positiv zu verzeichnen war, dass die nach dem Ende des Ersten Weltkrieges (11. November 1918) einsetzende Hyperinflation durch eine Währungsreform (Einführung des Schillings ab 1. März 1925) abebbte. Dennoch: Die Lage der städtischen Wirtschaft war wenig rosig, die Finanzlage der Stadt höchst prekär. Ab 1925 setzte kurzzeitig eine Trendwende ein, u. a. sichtbar in einer regen Bautätigkeit. Wohnungen wurden gebaut, Straßen wurden gepflastert. Asphalt konnte man sich nicht leisten. Wenn auch nur provisorisch, erfolgte im selben Jahr die Eröffnung des Strandbades und des Flughafens. Im Juni startete der erste Probeflug Klagenfurt – Triest. Es schien aufwärtszugehen. Doch jäh endete die Phase der Konsolidierung.

1929-1933/ 34

Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 stoppte die Aufwärtsentwicklung. Fortan bestimmten wirtschaftlicher Stillstand und Arbeitslosigkeit das Erscheinungsbild der Stadt. Die tiefgreifende Krise brachte eine Verschärfung der sozioökonomischen Gegebenheiten, aber auch der politischen Verhältnisse.

1931 konnte seitens der Stadtregierung nur mehr ein Budgetprovisorium erstellt werden. Die Stadtkasse war leer. Es fehlte sogar das Geld, um den städtischen Bediensteten am Jahresbeginn ihre Gehälter auszubezahlen. In der politischen Auseinandersetzung wurde die Stadt mit „einem sinkenden Schiff“ verglichen. Die schwierige Wirtschaftslage begünstigte den Aufstieg der NSDAP. Die Gemeinderatswahlen 1931 bildeten eine Zäsur. Vorbei war es mit der Dominanz der „bürgerlichen“ Parteien (Großdeutsche, Christlichsoziale). Die Nationalsozialisten steigerten ihren Mandatsstand von drei im Jahr 1926 auf acht, die Sozialdemokraten gingen mit elf Gemeinderäten als relativer Sieger aus den Wahlen hervor. Da die Wahl eines Bürgermeisters mehrmals scheiterte, löste die Landesregierung den nicht konstituierten Gemeinderat auf und schrieb Neuwahlen aus. Diese brachten den Sozialdemokraten einen Zugewinn von einem Mandat, gleichfalls den Nationalsozialisten. Die Christlichsozialen konnten ihren Mandatsstand halten, Großdeutsche und Wirtschaftspartei verloren zwei Mandate. Erstmals wurde mit Franz Pichler-Mandorf ein Sozialdemokrat zum Bürgermeister gewählt. Die zu lösenden Problemfelder waren gewaltig. Denn die Finanzsituation der Stadt war unverändert desaströs. Ende 1932 belief sich der Gesamtschuldenstand auf 12,5 Millionen Schilling (~ 58,5 Millionen Euro). Im Vergleich zu 1926 war das eine Versechsfachung. Gesteigert wurde die schwierige Lage durch die steigende Zahl von Arbeitslosen. 1931 registrierte man 4.665 (unterstützte) Arbeitslose, das waren 26,7 Prozent der Arbeitslosen Kärntens. Entgegen aller Hoffnungen verbesserte sich die wirtschaftliche Lage nicht. Die Bemühungen der Stadtregierung, dagegen Maßnahmen zu setzen, verpufften. Profiteur der misslichen Wirtschaftslage waren die Nationalsozialisten. Der Zulauf zu ihnen hielt weiter an.

1933/ 34

Daran änderte ihr Verbot durch die Regierung Dollfuß, die nach der Ausschaltung des Parlaments im März 1933 den Weg in den „autoritären Ständestaat“ beschritt, am 19. Juni 1933 nichts. Ablehnung und Widerstand gegen die Regierung beschränkte sich aber nicht nur auf die Nationalsozialisten. Am 12. Februar 1934 stellten sich auf staatlicher Ebene die Sozialdemokraten mit Waffengewalt gegen die Regierung Dollfuß („Februarkämpfe“). Die Aufstandsbewegung wurde blutig niedergeschlagen. Klagenfurt war von den Ereignissen wenig berührt. Der Bürgermeister der Stadt, Franz Pichler-Mandorf, stellte sich wie im Übrigen auch der sozialdemokratische Landeshauptmannstellvertreter Matthias Zeinitzer gegen die Wiener Parteiführung und plädierte für Verhandlungen mit der Regierung. Ihr Bemühen blieb wirkungslos. Nach der Niederschlagung des Aufstandes verschwanden beide von der politischen Bühne. Pichler-Mandorf wurde als Bürgermeister, Zeinitzer als Landhauptmannstellvertreter abgesetzt. Die Sozialdemokratische Partei und ihre Teilorganisationen wurden verboten bzw. aufgelöst. Am 20. Februar 1934 übernahm der Christlichsoziale Adolf Wolf das Bürgermeisteramt. Mit der Errichtung des „autoritären Ständestaates“ (1. Mai 1934) waren Demokratie und Parlamentarismus endgültig ausgeschaltet. Im Juli 1934 scheiterten NS-Anhänger mit einem Putschversuch, von dem die Stadt – anders war die Situation am Lande – kaum tangiert wurde. In dessen Verlauf wurde am 25. Juli Bundeskanzler Engelbert Dollfuß ermordet. Ihm folgte als Bundeskanzler Kurt Schuschnigg. In den folgenden Jahren agierten die verbotenen Nationalsozialisten mit Terroraktionen und Propaganda vom Untergrund aus gegen Regierung und Staat.

1934 – 1938

Die ständestaatliche Stadtregierung bemühte sich zunächst mit einem Maßnahmenpaket (u. a. Einschränkung von Investitionen, Einstellung des 13. Monatsgehalts, Kürzung der Bezüge der städtischen Bediensteten) um eine Konsolidierung des städtischen Finanzhaushalts. Es gelang, bis Ende 1936 den Schuldenstand auf 10,9 Millionen Schilling (~52,1 Millionen Euro) zu reduzieren. Die sozialen Akzente, die man setzte, waren jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die existenzielle Not großer Teile der Bevölkerung konnte nicht beseitigt, bestenfalls singulär abgemildert werden. Ungeachtet dessen suchte man mittels Zukunftsprojekten nach Möglichkeiten, die Wirtschaft zu beleben. Das rückte den Fremdenverkehr ins Zentrum der Überlegungen. Die 1.000-Marksperre seitens des Deutschen Reiches 1933 hatte zu einem gewaltigen Nächtigungsrückgang geführt. Es galt, den städtischen Tourismus anzukurbeln. Nachdem die Idee, Festspiele am Wörthersee abzuhalten, am Widerstand Salzburgs gescheitert war, fasste man den Entschluss, im Sommer und Herbst 1936 „Wörthersee-Sportfeste“ zu veranstalten. Die Basis für jährlich stattfindende größere Sportevents war geschaffen. 1937 konnte die Zahl der Teilnehmer gesteigert werden. Neben 1.041 inländischen nahmen auch 545 ausländische Sportler teil. Andere Veranstaltungen wie die internationale Flugschau des „Österreichischen Aero-Clubs“ zu Pfingsten 1936 oder die „Klagenfurter Messe“ ergänzten den Veranstaltungsreigen. Die Sympathie der Massen gewann das ständestaatliche Regime trotzdem nicht, und die sozioökonomischen Probleme waren auch nicht gelöst. Der Einmarsch deutscher Truppen in Österreich am 12. März 1938 besiegelte das Ende der Selbständigkeit Österreichs. Einen Tag später erfolgte der „Anschluss“ an Hitler-Deutschland. Klagenfurt war ab nun ein Teil des nationalsozialistischen Deutschlands.

1938-1945

Vom ersten Tag des „Anschlusses“ an griff der NS-Staat massiv in den Lebensalltag der Menschen ein. Die Politik der totalen Diktatur bestimmte deren Leben. Sogleich kam es zu ersten Verhaftungswellen und Transporten in Konzentrationslager. Betroffen waren politische Gegner und Juden. Dabei blieb es nicht. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüsteten organisierte nationalsozialistische Gruppen jüdische Wohnungen, Geschäfte und das Bethaus in der Platzgasse („Reichskristallnacht“). Das bildete den Beginn einer systematischen Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Am Ende stand der Holocaust. Die NS-Mordmaschinerie schlug auch anderwärtig zu. Im Landeskrankenhaus – nun „Gaukrankenhaus“ – wurden bis 1945 mindestens 400 Insassen der Irren- und Siechenanstalt ein Opfer der NS-Euthanasiepolitik. Am 1. September 1939 begann Hitler-Deutschland den Zweiten Weltkrieg. Zugleich überschwemmte der NS-Staat mit einer Welle von propagandistisch inszenierten Massenveranstaltungen die Stadt und instrumentalisierte die Bevölkerung für den Krieg. Nach zunächst militärischen Erfolgen wendete sich 1942/ 43 das Kriegsgeschehen. Der Rückgriff auf Ressourcen intensivierte sich. Zur Sicherung der Ernährung sollten in Vorgärten Gemüsebeete angelegt werden, den Aufmarschplatz vor der „Westschule“ nutzte man für den Anbau von Kartoffeln. Hinzu kam eine sich intensivierende Sammeltätigkeit. Gesammelt wurde nahezu alles: vom Altpapier bis zum Fallobst und Kastanien. An der Umsetzung von Entwässerungs- und Bauprojekte wurde gearbeitet. Am Beginn stand der Bau der „Khevenhüllerkaserne“, erbaut von Häftlingen aus dem Konzentrationslager Mauthausen und von französischen Kriegsgefangenen. Bis 1944 diente die Kaserne als SS-Junkerschule und war Standort von SS-Einheiten. In Waidmannsdorf entstand im Gefolge des „Hitler-Mussolini-Abkommens“ (21. Oktober 1939) die „Kanaltalersiedlung“. 1940 begann die Umsiedlung der Kanaltaler. Der Sport, sowie der Kultur- und Kunstbetrieb wurde den Prinzipien des NS-Staates untergeordnet. Mit Fortschreiten des Krieges verschlimmerte sich die Lage. Bombenangriffe, Hunger und Tod bestimmten das Leben der Stadtbewohner. Von Jänner 1944 bis April 1945 wurden bei ca. 50 Luftangriffen 42.000 Bomben auf die Stadt abgeworfen – mit fatalen Folgen. Etwa 500 Menschen kamen ums Leben. Fast 11.000 Wohnungen und das Gros der Industriebetriebe sowie das Krankenhaus wurden entweder völlig zerstört oder beschädigt, ebenso nahezu das gesamte Strom- und Wasserversorgungsnetz. Der erwartete Widerstand der letzten an den „Endsieg“ glaubenden NS-Fanatiker blieb aus. Nach der Konstituierung einer provisorischen Kärntner Landesregierung am 7. Mai 1945, am selben Tag erfolgte der Rücktritt von Gauleiter Friedrich Rainer. Am 8. Mai überstürzten sich die Ereignisse. Noch vor Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht erreichten erste englische Truppenverbände die Stadt. Wenig später marschierten jugoslawische Truppeneinheiten und Partisanenverbände in der Stadt ein. 12 Tage lang stand diese unter zweifacher Besatzung. Am 19. Mai erfolgte auf britischen Druck hin der Abzug der jugoslawischen Einheiten.

1945/ 46

Die ersten Nachkriegsmonate standen im Zeichen der Schaffung infrastruktureller Lebensnotwendigkeiten, der Sicherung der Nahrungsmittelversorgung sowie der Errichtung von Wohnmöglichkeiten. Bei Kriegsende war die Stadt eine Ruinenlandschaft, fast 70 Prozent lagen in Schutt und Asche. Die Bevölkerung kämpfte ums Überleben. Es herrschte Nahrungsmittelknappheit. Der Hunger gehörte zum Lebensalltag. Vielen fehlte ein Dach über dem Kopf. Es kam zu Plünderungen. Vorrangig war die Wiederherstellung der Ordnung und die Sicherung der Lebensmittelversorgung. Durch rasche britische Hilfslieferungen konnte eine Hungersnot abgewendet werden. Im Verlaufe des Sommers wurden die ersten Läden wieder geöffnet. Mit strengen Rationierungen versuchte man die prekäre Nahrungsmittelversorgung und Unterernährung – cirka 30 Prozent der Bevölkerung war untergewichtig – in den Griff zu bekommen. Ab Ende Juni erhielt ein Normalverbraucher cirka 1.000 Kalorien pro Tag, ab Oktober wurde der Tageskalorienwert auf 1.348 angehoben. Jedem Erwachsenen waren für diese zwei Monate 8.400 Gramm Brot, 8.000 Gramm Kartoffeln, 1.000 Gramm Fleisch, 500 Gramm Weizenmehl, 375 Gramm Fett, 500 Gramm Nährmittel, 330 Gramm Zucker, 140 Gramm Kaffeeersatz und 50 Gramm Käse zugeteilt. Die städtische Volksküche wurde zu einer wichtigen Anlaufstätte für die Hungrigen. Die Nachfrage nach leistbaren Mahlzeiten war groß. 1945 wurden 44.354 Portionen ausgegeben, 1946 bereits 163.424 Portionen.

Langsam strukturierte sich das Alltagsleben. Noch im Herbst konnte die eine oder andere Familie wieder in ihr Haus bzw. ihre Wohnung, wenn auch nur mangelhaft mit Komfort ausgestattet, einziehen. Trotz zeitweiliger Stromrationierungen war inzwischen die Stromversorgung gesichert. Mitte Dezember war der Höchstverbrauch für Haushalte mit mehr als vier Personen auf 3 ½ Kilowattstunden pro Tag festgesetzt, maximal zwei Wohnräume durften beleuchtet werden. Zur Bewältigung der Flüchtlingsproblematik wurden in Viktring, Tessendorf und Waidmannsdorf Flüchtlingslager errichtet. Noch schemenhaft entwickelten sich das Kulturleben und die Sportaktivitäten. Im Juli nahmen die ersten Kinos ihren Betrieb wieder auf, im „Vereinsheim“ (heute: ORF-Landesstudio) fanden erste Konzerte des „Musikvereins“ statt. Seit August gab es auch im Stadttheater wieder Aufführungen – zunächst aber nur vor englischem Publikum. Die Klagenfurter Fußball-Traditionsklubs KAC und SK Austria nahmen im Sommer den Spielbetrieb wieder auf, die KAC-Boxstaffel das Training. Zu Weihnachten gastiert die Wiener Eisrevue auf den KAC-Platz. Noch war man aber im Dezember 1945 von einer Lebensnormalität weit entfernt.



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