Beruf Schriftstellerin
„IHR WORTE, AUF, MIR NACH!“
Für Nelly Sachs, die Freundin, die Dichterin, in Verehrung.
Wesentliche Meilensteine für Ingeborg Bachmanns Erfolge als Literatin waren legendär gewordene öffentliche Auftritte und aufsehenerregende Berichterstattung.
Die Einladung zur Tagung der einflussreichen Gruppe 47 (Teilnehmer eines deutschsprachigen Schriftstellertreffens, 1947 – 1967) im Mai 1952 nach Niendorf an der Ostsee ging in die Literaturgeschichte ein. Bachmann als Debütantin „flüsterte, stockend und heiser einige Verse“ (Walter Jens: Deutsche Literaturgeschichte der Gegenwart. München 1961). Ebenso lasen Paul Celan und Ilse Aichinger, die den Gruppenpreis erhielt. Schon ein Jahr später (1953, Mainz, Kurfürstliches Schloss) errang Ingeborg Bachmann den Gruppenpreis und wurde in der Folge zur „ersten lyrischen Stimme in der westdeutschen Lyrik der fünfziger Jahre“ (Hans Höller: Ingeborg Bachmann). Als am 18. August 1954 das Wochenmagazin Der Spiegel mit Bachmanns Porträt auf der Titelseite als die führende Repräsentantin der jungen deutschen Literatur erschien, bekam ihre Bekanntheit in einer breiten Öffentlichkeit den wesentlichen Anschub. Dem Spiegel-Cover vorausgegangen ist die Veröffentlichung von Bachmanns erstem Gedichtband Die gestundete Zeit.
Bachmann entschließt sich als freie Schriftstellerin zu arbeiten. Den Plan, in Deutschland zu leben, verwirft sie zugunsten von Italien. An Paul Celan schreibt sie am 29. Juni 1953: „Im August gehe ich von Wien weg, nach Italien, und ich werde nicht mehr zurückgehen.“ (Bachmann/Celan 2008).
In Italien (auf der Insel Ischia) erschließt ihr der Komponist Hans Werner Henze auf neue Art die Welt der Musik und der Oper. Er bringt sie in Kontakte mit den Komponisten Luigi Nono und Karl Amadeus Hartmann (vgl. Monika Albrecht und Dirk Göttsche (Hg.): Bachmann Handbuch).
Es ist der Beginn intensiver Reisetätigkeit in Europa und 1955 erstmals in die USA, wo sie an der Harvard Universität einen Sommerkurs von Henry Kissinger absolviert.
Immer wieder kehrt sie nach Klagenfurt zurück und hält sich auch längere Zeit bei ihren Eltern auf.
In den fünfziger Jahren schafft Bachmann eine ganze Reihe von Hörspielproduktionen: Ein Geschäft mit Träumen (1952), Römische Reportagen (1954/55), Die Zikaden (1955, Musik Hans Werner Henze), Der gute Gott von Manhattan (1958).
1956 erscheint ihr zweiter Gedichtband: Anrufung des Großen Bären. Mit Essays und Erzählungen erreicht die Autorin immer größere Aufmerksamkeit. Für ihre Veröffentlichungen in dieser Zeit erhielt sie renommierte Auszeichnungen. In ihrer Rede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden (1959) für Der gute Gott von Manhattan prägt sie den berühmt gewordenen Satz „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“.
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In der Erzählung „Unter Mördern und Irren“ beschreibt Bachmann die fatalen moralischen Folgen des
Krieges am Beispiel einer Stammtischgesellschaft im Österreich der Nachkriegsjahre: Wo die
Vergangenheit verdrängt, vergessen und verschwiegen wird, ist kein politischer Neuanfang möglich.
Bachmann selbst schwieg zeitlebens über die NSDAP-Mitgliedschaft ihres Vaters.
„Mit einem Gedicht wie Die gestundete Zeit musste man unter normalen Bedingungen berühmt werden.
Nur in Wien wäre sie mit solchen Gedichten Jahr für Jahr in Hans Weigels Jahrbuch Stimmen der
Gegenwart als eine unter hundert Stimmen der Gegenwart ad acta gelegt worden.“ (Hans Höller: Ingeborg Bachmann)
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