Die gestundete Zeit
Die gestundete Zeit
Verstörend wirkt im Titelgedicht des ersten Lyrikbandes, wie Bachmann das persönliche Drama ihrer Liebe zu Paul Celan verborgen hat. Es liest sich wie ein exemplarisches Gedicht der Restaurationskritik nach 1945, doch es enthält auch ihren Blick auf die konfliktbeladene Liebesbeziehung zu Paul Celan, in der sie, „die Geliebte“, sich immer wieder zurückgewiesen fand – auch wegen ihrer Herkunft aus dem Land der Täter.
In den Sprachbildern, die sie aus Celan-Gedichten übernimmt, verweist sie auf das persönliche Geheimnis ihrer Liebe zu Celan. Das Wort „Drüben“ im Vers „Drüben versinkt dir die Geliebte im Sand“ ist der Titel des ersten Gedichts von Celans in Wien erschienenem Lyrikband Der Sand aus den Urnen (1948); „Sand“ ist bei Celan eine zentrale Chiffre für die Shoa; und mit dem Sprachbild des wehenden Haars erinnert Bachmann an Celans Gedicht von seinem Abschied, als er im Juli 1948 von Wien nach Paris wegzog: „Dein Haar möchte wehn, wenn du fährst – das ist ihm verboten“ (Mohn und Gedächtnis, 1952).
Zurück zur: