„Engel des Vergessens“ von Maja Haderlap

... wertvoller Geschichtsunterricht

Was Historiker und Historikerinnen bereits länger wussten, bahnt sich in den letzten Jahren anhand von schriftstellerischen Werken seinen Weg in die breite Öffentlichkeit, und zwar in den Büchern von Nachkommen verfolgter Kärntner Slowenen und Sloweninnen, die sich ihren eigenen tragischen Familiengeschichten stellen. Namentlich zu nennen ist hier etwa neben Florjan Lipuš oder Andrej Kokot auch die Schriftstellerin Maja Haderlap, die mit ihrem autobiografischen Roman „Engel des Vergessens“ wertvollen Geschichtsunterricht leistet.

Sie thematisiert das Schicksal ihrer Großmutter, die ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurde, und das ihres Vaters, der mit nur zwölf Jahren einer der jüngsten Mitstreiter in den Reihen der Partisanen war. Die Autorin berichtet aber auch von den bürokratischen Schikanen, welchen ihre Familie – wie so viele NS-Opfer in der Zweiten Republik – ausgesetzt war. Haderlap gibt die Stimmung, die nach 1945 in Kärnten omnipräsent war, eindrücklich wieder: das allgemein vorherrschende Misstrauen gegenüber allen, die gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben. Unter diesen Voraussetzungen konnte dem slowenischen Widerstand gegen den Faschismus nie die ihm zustehende Anerkennung zuteil werden.

Die Anerkennung durch den Bachmann-Preis 2011 machte viele (nicht nur) in Kärnten neugierig, sich mit diesem Teil der Kärntner Geschichte zu beschäftigen, ihn auch in das kollektive Gedächtnis mit aufzunehmen. Haderlap erfuhr aber auch Kritik und musste sich beispielsweise der Frage stellen, warum sie den Roman in deutscher Sprache und nicht in ihrer Muttersprache verfasst hatte. Florjan Lipuš wiederum war 2016 für den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur vorgeschlagen worden. Im ersten Anlauf wurde ihm die Auszeichnung mit dem Argument, er schreibe nicht in deutscher Sprache, verwehrt. Erst nach heftigen Protesten wurde ihm 2018 der Preis schließlich überreicht.


2019, Maja Haderlap
2019, Maja Haderlap Alexander Verdnik
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